Berlin, 9. Januar 2025 – Die schwarz-rote Koalition auf Berliner Landesebene hat die Hälfte ihrer Regierungszeit bis zur nächsten regulären Wahl im Herbst 2026 erreicht. Gabi Jung, Geschäftsführerin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Berlin (BUND Berlin), zieht eine ernüchternde Bilanz.
Geringe Erwartungen – und trotzdem Enttäuschung
Gabi Jung erklärte, dass die Erwartungen an das Regierungsbündnis von CDU und SPD bereits zu Beginn niedrig gewesen seien. Diese seien jedoch von der Realität noch deutlich unterboten worden. Statt Berlin zukunftsfähig zu transformieren, sei die Entwicklung der Stadt in weniger als zwei Jahren massiv zurückgeworfen worden. Es mangele an glaubwürdigen Ambitionen und tragfähigen Konzepten in zentralen Bereichen wie Wohnungsbau, Verkehrswende, Verkehrssicherheit, Artenschutz und Klimaanpassung.
Visionen aus einer vergangenen Ära
Die CDU verfolge weiterhin unrealistische und überholte Konzepte, so Jung. Beispiele seien Tagträumereien von Wolkenkratzern, neuen U-Bahnstrecken, Magnetbahnen und Schnellstraßen. Diese Visionen aus den 1950er Jahren seien weder finanzierbar noch zukunftsfähig.
SPD: Ideenlosigkeit in der Haushaltskrise
Auch die SPD lasse jegliche inhaltliche Innovation vermissen, kritisierte Jung. Inmitten der Haushaltskrise habe die Partei ein 29-Euro-Nahverkehrsticket eingeführt, das das bundesweite 49-Euro-Ticket untergrabe. Dies sei ein populistischer Schritt, der den Ruf Berlins als Stadt festige, die mit vollen Händen Geld anderer verschwende.
Führungslosigkeit des Regierenden Bürgermeisters
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zeige kaum Initiative, um Berlin voranzubringen. Laut Jung bestehe sein Ansatz darin, mit inhaltslosen Reden die Berliner Bevölkerung in Passivität zu wiegen. Sein größter Erfolg scheine darin zu liegen, dass die chaotische Haushaltspolitik ohne öffentlichen Streit verlaufen sei. Ein tragfähiges Konzept für die tägliche Verbesserung der Stadt sei jedoch nicht erkennbar.
Schäden an der Zukunftsfähigkeit Berlins
Bereits jetzt habe die Koalition erheblichen Schaden angerichtet, betonte Jung. Zu den Maßnahmen, die Berlin zurückwerfen, zählten der Stopp des Ausbaus der Fahrradinfrastruktur, die Verzögerung wichtiger Straßenbahnprojekte und ein naturschutzfeindlicher Kurs beim Bauvorhaben. Hinzu komme die Verschwendung finanzieller Ressourcen, beispielsweise durch das 29-Euro-Ticket, die Sanierung eines obsoleten Schnellstraßentunnels und den Bau der Hochleistungsstraße TVO.
Ignorierte Potenziale zur Einnahmesteigerung
Die Koalition ignoriere in der schweren Haushaltskrise zudem große Einnahmepotenziale aus ideologischen Gründen, so Jung weiter. Beispiele hierfür seien höhere Gebühren für Anwohnenden-Parkausweise und eine Steuer auf Einwegverpackungen von Imbissen.
Hoffnung durch Verwaltungsreform?
Jung wies darauf hin, dass die anstehende Verwaltungsreform eine Chance biete, die Zukunftsfähigkeit Berlins zu stärken. Ziel sei eine klare Aufgabenverteilung zwischen Bezirken, Senat und einzelnen Senatsverwaltungen. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob die Koalition die Kraft aufbringen werde, diesen Prozess innerhalb der Legislaturperiode weit genug voranzutreiben.
Fazit: Kein erkennbarer Kurswechsel
Abschließend betonte Gabi Jung, dass die schwarz-rote Koalition noch die Möglichkeit habe, gegen die bisherigen Fehlentwicklungen zu steuern. Allerdings sei bislang kein Bewusstsein für die dringenden Zukunftsaufgaben erkennbar.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND Berlins vom 08.01.2025