Auch die neue Bundesregierung habe beim Klimaschutz einen enttäuschenden Start hingelegt. Der Expertenrat für Klimafragen (ERK) bescheinigte dem Koalitionsvertrag keinen nennenswerten positiven Impuls zur Erreichung der Klimaziele. Zu einem ähnlichen Ergebnis kämen der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Angesichts dieser ernüchternden Entwicklung hätten beide Organisationen ihre bereits im Herbst 2024 eingereichte Verfassungsbeschwerde mit weiteren Argumenten untermauert.
Ergänzender Schriftsatz stützt Verfassungsklage
Ein nun eingereichter ergänzender Schriftsatz analysiert das aktuelle Gutachten des ERK sowie den neu eingefügten Artikel 143h zum Sondervermögen im Grundgesetz. Dieser Schriftwechsel belege laut SFV und BUND, dass auch die derzeitige schwarz-rote Bundesregierung nicht angemessen auf die Klimakrise reagiere.
Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt habe erklärt, die jüngsten Entwicklungen bestätigten leider die bisherigen Befürchtungen: Die Bundesregierung bleibe gefährlich ambitionslos. Es seien keine ausreichenden Maßnahmen geplant, um beim Klimaschutz die dringend nötige Kehrtwende einzuleiten. Die deutschen Klimaziele würden verfehlt, ebenso wie das 1,5-Grad-Limit. Bandt fordere daher, dass die Bundesregierung noch im Jahr 2025 ein wirksames Klimaschutzprogramm vorlege.
Die Streichung zentraler Regelungen im Klimaschutzgesetz, etwa der Verpflichtung zum Nachsteuern bei Zielverfehlungen einzelner Sektoren, zeige laut SFV und BUND einen fehlenden politischen Willen.
Grundgesetz verlangt mehr als Symbolpolitik
Der Schriftsatz nehme ebenfalls Bezug auf Artikel 143h des Grundgesetzes. Zwar verpflichte dieser die Regierung, die Mittel aus dem Sondervermögen an der Klimaneutralität bis 2045 auszurichten. Dies sei jedoch nicht ausreichend. Das Grundgesetz verpflichte zur Sicherung der Grundrechte und zum Umweltschutz – Klimaschutz und Emissionssenkung müssten daher deutlich schneller erfolgen. Das verbleibende CO₂-Budget Deutschlands sei bereits stark ausgereizt.
Susanne Jung, Geschäftsführerin des SFV, äußerte, dass Deutschland angesichts der rasenden Klimakrise weit hinter seinen ohnehin zu schwachen Zielen zurückbleibe. Dies stelle ein schwerwiegendes politisches Versagen dar. Die Verankerung eines Sondervermögens mit Zielhorizont 2045 sei nicht genug – das Grundgesetz fordere sofortiges Handeln. Jung betonte, es sei die Pflicht der heutigen Generation, nicht erst für 2045, sondern für die unmittelbare Zukunft der kommenden Generationen zu handeln. Wer dies verkenne, verspiele die Zukunft.
Menschenrechte durch Klimapolitik wahren
SFV und BUND erklärten, dass die Risiken der Klimakrise für Mensch und Umwelt dramatisch zunähmen. Klimaschutz sei ein Menschenrecht, und die Verfassung verpflichte die Bundesregierung, durch wirksame Klimapolitik die Rechte und Freiheiten der Bevölkerung zu sichern. Dennoch unterlasse die Regierung ausreichende Maßnahmen – und gefährde damit verfassungsmäßige Freiheiten.
Bereits im Herbst hatten BUND und SFV gemeinsam mit vier Einzelpersonen Verfassungsbeschwerde eingelegt. In einem parallelen Verfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsstreit über Sofortprogramme im KSG auf Antrag des BUND ausgesetzt. Das Gericht wolle abwarten, ob das Bundesverfassungsgericht das überarbeitete Gesetz für verfassungsgemäß erklärt.
Zudem stelle ein Rechtsgutachten von Prof. Felix Ekardt im Auftrag des SFV fest, dass die aktuelle Diskussion um das Sondervermögen die Dringlichkeit einer schnelleren Klimaneutralität verkenne. Das Gutachten solle in der zweiten Juli-Hälfte vorgestellt werden.
Hintergrund: Drei Verfassungsbeschwerden gegen die Klimapolitik
Die hier beschriebene Verfassungsbeschwerde ist eine von drei Klagen, die fünf deutsche Umweltverbände gemeinsam mit Klägerinnen und Klägern aus der Gesellschaft gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung eingereicht haben. Sie richten sich insbesondere gegen die Entkernung des Klimaschutzgesetzes. Neben SFV und BUND haben auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace und Germanwatch jeweils eigene Beschwerden eingereicht.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND’s vom 26.06.2025