Der neue Lagebericht zur Abwasserbeseitigung zeigt, dass in den vergangenen Jahrzehnten bereits große Fortschritte bei der Abwasserreinigung erzielt wurden. Allerdings führt die Klimakrise mit zunehmenden Dürren und Starkregenereignissen zu neuen Herausforderungen für die Abwassersysteme. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen setzt daher verstärkt auf Investitionen in moderne, klimagerechte Abwasserinfrastrukturen.
Berücksichtigung des Klimawandels in Abwasserkonzepten
Umweltminister Oliver Krischer betonte, dass moderne Abwasserkonzepte den Klimawandel stärker berücksichtigen und Lösungen für Dürrephasen und Starkregen entwickeln müssen. Er wies darauf hin, dass sinkende Wasserstände die Schadstoffkonzentration erhöhen können. Daher setze man auf den Ausbau der Reinigungsleistung der Kläranlagen, um Gewässer besser vor Mikroschadstoffen und den Folgen der Klimakrise zu schützen. Zusätzlich sei es notwendig, mehr Grünflächen zu schaffen und Flächenversiegelungen zu reduzieren, da eine Speicherung des Wassers nach dem Schwammprinzip die Kanalisation entlastet und sich positiv auf Dürreperioden auswirkt.
Abwasserinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen
Die Kanalisation in Nordrhein-Westfalen hat eine Gesamtlänge von über 71.000 Kilometern, was fast 1,7-mal um die Erde reichen würde. Laut Abwasser-Lagebericht betreiben die Kommunen in Nordrhein-Westfalen 594 Kläranlagen, die im Jahr 2022 rund 2.150 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt haben (Stand: 31.12.2022).
Verbesserte Reinigungsleistung der Kläranlagen
Die Reinigungsleistung der Kläranlagen konnte in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gesteigert werden. So wurde die Stickstofffracht im Abwasser von ursprünglich 68.767 Tonnen im Jahr 1991 auf nur noch 13.105 Tonnen im Jahr 2022 reduziert, was einer Minderung von rund 88 Prozent entspricht. Auch bei den Phosphoreinträgen sind deutliche Verbesserungen festzustellen: Im Vergleich zu 1991 konnte der Phosphoreintrag von 3.500 Tonnen auf 781 Tonnen gesenkt werden, sodass 95 Prozent des Phosphors entfernt werden. Trotz dieser Fortschritte besteht weiterhin Handlungsbedarf, um die durch die Industrie verursachten Belastungen der letzten Jahrzehnte auszugleichen und den Gewässerzustand zu verbessern.
Maßnahmen gegen antibiotikaresistente Bakterien in Gewässern
Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) zeigen, dass antibiotikaresistente Bakterien bereits in vielen Gewässern verbreitet sind. Eine weitergehende Abwasserbehandlung, etwa durch UV-Bestrahlung, Retentionsbodenfilter oder Membranfiltration, hat sich laut LANUV als wirksame Methode gegen die Verbreitung dieser Bakterien erwiesen.
Förderung eines klimaangepassten Abwassermanagements
Über die Förderrichtlinie „Zukunftsfähige und nachhaltige Abwasserbeseitigung in NRW“ (ZunA NRW) stellt das Ministerium Fördermittel für Kommunen, Wasserverbände, Industrie und Gewerbe bereit. Damit soll ein nachhaltiges und klimaangepasstes Abwassermanagement gefördert werden. Zu den geförderten Maßnahmen gehören unter anderem Techniken zur Reduktion von Mikroschadstoffen, der Bau von Retentionsbodenfiltern sowie die Anpassung an den Klimawandel durch Maßnahmen zur Versickerung und Speicherung von Niederschlagswasser.
Ausbau der Kläranlagen zur Reduzierung von Mikroschadstoffen
In Nordrhein-Westfalen sollen 101 kommunale Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet werden, um Mikroschadstoffe besser zu reduzieren. Derzeit sind bereits 22 solcher Kläranlagen in Betrieb und 27 weitere in Planung oder im Bau. Nordrhein-Westfalen befindet sich damit auf einem guten Weg, die EU-wasserrechtlichen Vorgaben für die Behandlung kommunaler Abwässer zu erfüllen und die Wasserrahmenrichtlinie der EU umzusetzen. Ziel ist es, die Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen, von denen nur etwa 10 Prozent in einem guten ökologischen Zustand sind, durch eine Vielzahl von Maßnahmen zu revitalisieren und zu wichtigen Naturräumen zu entwickeln. Der Abwasserbericht liefert auch für diese Maßnahmenpläne wertvolle Hinweise.
Schwammprinzip als neues Entwässerungskonzept
Früher war das Ziel der städtischen Entwässerung eine schnelle und vollständige Ableitung von Abwasser und Niederschlagswasser. Diese Praxis stört jedoch den natürlichen Wasserkreislauf. Angesichts des Klimawandels ist nun ein Umdenken erforderlich: Regenwasser soll vor Ort – wie in einem Schwamm – gespeichert werden, um langsam zu verdunsten und zu versickern. So wird der lokale Wasserhaushalt stabilisiert, das Wasserangebot in Dürreperioden gestärkt und das Stadtklima in Hitzeperioden positiv beeinflusst. Zudem wird die Kanalisation bei Starkregenereignissen entlastet.
Zukunftsstrategie Wasser
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr erarbeitet derzeit eine umfassende „Zukunftsstrategie Wasser“. In Zusammenarbeit mit Akteuren, Verbänden und Institutionen werden an 17 zentralen Eckpunkten konkrete Maßnahmen zur Anpassung der Wasserbewirtschaftung entwickelt. Diese Strategie ist ein zentrales Vorhaben der Landesregierung und Teil der kürzlich verabschiedeten Klimaanpassungsstrategie des Landes.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW vom 31.10.2024