Innovative Heißwasser-Technik für pestizidfreie Unkrautbekämpfung im Karottenanbau

Fabian

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In der Landwirtschaft eingesetzte chemische Pflanzenschutzmittel können Böden, Gewässer und gesamte Ökosysteme erheblich belasten. Biologische Anbaumethoden verzichten deshalb auf den Einsatz von Pestiziden, jedoch ist dieser Ansatz oft deutlich teurer als konventionelle Bewirtschaftung, beispielsweise durch die notwendige manuelle Unkrautbekämpfung bei Hackfrüchten wie Möhren. Das Kasseler Startup Tiefgrün precision weeding entwickelt eine maschinelle, nichtchemische Alternative zur Unkrautbekämpfung. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die das Vorhaben mit rund 288.000 Euro förderte, sieht in dieser Methode auch für den konventionellen Karottenanbau großes Potenzial.

Bundesweite Initiative zur Reduktion von Pestiziden

Das Verfahren von Tiefgrün ist Teil einer seit 2020 laufenden bundesweiten DBU-Förderinitiative zur Reduktion des Pestizideinsatzes, die die Stiftung mit Beiträgen und Projekten vorstellt. Insgesamt wurden rund fünf Millionen Euro für 16 Projekte bereitgestellt, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu verringern oder gänzlich zu vermeiden, ohne die wirtschaftliche Stabilität der Landwirtschaft zu gefährden. Die Initiative findet in diesem Jahr mit einer Veranstaltung am 3. und 4. Dezember in Osnabrück ihren Abschluss unter dem Titel „Detox auf dem Acker: Ernährungssicherung in intakten Ökosystemen“.

Förderung der Biodiversität und Schutz der Gesundheit

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 15 Prozent der Gemüseanbaufläche ohne chemische Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde betonte die Notwendigkeit, dass chemiefreier Anbau die Nische der ökologischen Landwirtschaft verlassen müsse. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) bekräftigte, dass chemische Mittel zur Bekämpfung von Beikräutern, Schädlingen und Krankheiten zu einem erheblichen Rückgang der biologischen Vielfalt führen. Zudem schädigen Pestizidrückstände in Nahrungsmitteln und deren Eintrag ins Grund- und Oberflächenwasser nachweislich die menschliche Gesundheit. Laut Bonde biete die Digitalisierung vielversprechende Möglichkeiten, chemische Mittel zu ersetzen, beispielsweise durch eine innovative Heißwassermethode zur Unkrautregulierung im Karottenanbau.

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Konkurrenz zwischen Unkraut und Gemüse um Ressourcen

Insbesondere während des langsamen Wachstums im Jungpflanzenstadium konkurrieren Möhrenpflanzen mit schneller wachsendem Unkraut um Licht, Nährstoffe und Wasser. Im konventionellen Anbau kommen zur Bekämpfung dieser Konkurrenz chemische Mittel zum Einsatz, die zwar das Pflanzenwachstum fördern, aber schädliche Umweltauswirkungen haben. Ökologischer Anbau verzichtet auf Pestizide, jedoch ist der Aufwand und die Kosten für die Unkrautregulierung im Vergleich deutlich höher, da Unkraut im ökologischen Möhrenanbau mühsam per Hand entfernt werden muss.

Präzise Unkrautbekämpfung mit Heißwasser und Kameratechnik

Eine pestizidfreie Alternative bietet das Kasseler Startup Tiefgrün in Zusammenarbeit mit Pheno-Inspect aus Oberhausen. Startup-Gründer Jan Wolf erläutert das Verfahren: Eine auf einem Fahrzeug montierte Kamera erfasst während der Fahrt die Pflanzen, und eine künstliche Intelligenz unterscheidet in Echtzeit das Unkraut von den Karottenpflanzen. Auf Basis der Bildauswertung wird das Unkraut gezielt mit einem kurzen Heißwasserstrahl verbrüht. Um die Möhrenpflanzen zu schützen, werden diese gleichzeitig mit Kaltwasser besprüht. Die Heißwassermethode ist laut Wolf bei korrekter Dosierung äußerst präzise und sicher und kann das Unkraut effektiv reduzieren. Eine solche Technik werde bisher nicht in der Landwirtschaft eingesetzt, doch DBU-Generalsekretär Bonde sehe in der wirtschaftlich interessanten Heißwasser-Methode ein potenzielles Anwendungsfeld auch für den konventionellen Karottenanbau.

Erfolgreiche Tests und Erweiterung des Verfahrens

Erste Tests des Prototyps verliefen erfolgreich auf insgesamt 35 Hektar eines kooperierenden ökologischen Gemüsebaubetriebs im Raum Nienburg, einem der Hauptanbaugebiete für Möhren in Niedersachsen. Niedersachsen verfügt bundesweit über die zweitgrößte Anbaufläche für Möhren im Freiland nach Nordrhein-Westfalen. Laut Wolf ist das Verfahren nun praxisreif und hat großes Interesse geweckt. Die Maschine soll zudem für den Einsatz in anderen Kulturen, wie zum Beispiel Rote Beete, funktional erweitert werden. Auf den Ökofeldtagen im sächsischen Wasewitz wird die Maschine im kommenden Juni als ausgewähltes Innovationsbeispiel präsentiert.

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Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der DBU vom 08.10.2024