Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am 1. November 2024 eine neue Klimaklage gegen die Bundesregierung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingereicht. Die DUH kritisiert den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) als unzureichend und als Verstoß gegen das geltende EU-Klimarecht, da die derzeit geplanten Maßnahmen nicht ausreichen, um die verpflichtenden EU-Klimaziele bis 2030 zu erreichen.
Defizite in den ESR-Sektoren: Verkehr und Gebäude
Laut dem Projektionsbericht des Umweltbundesamts werde die Lücke in den ESR-Sektoren, insbesondere im Bereich Verkehr und Gebäude, voraussichtlich mehr als 10 Prozent betragen. Der Expertenrat für Klimafragen habe zudem angemerkt, dass die Prognosen des Umweltbundesamts zu optimistisch seien, da sie erhebliche Mengen klimaschädlicher Methanemissionen nicht berücksichtigen. Im Landnutzungssektor (LULUCF) werde die Zielverfehlung besonders deutlich: Statt der geforderten Senkenleistung von rund 30 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten erwarte der NEKP lediglich 1,3 Millionen Tonnen bis 2030. Die DUH kritisiert, dass es im NEKP an nachvollziehbaren Prognosen und konkreten Maßnahmen mangelt, was eine Beurteilung der tatsächlichen Wirksamkeit erschwert. Ebenso fehle eine realistische Einschätzung der notwendigen Investitionen und deren Finanzierung.
Kritik an der Klimapolitik der Bundesregierung
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch äußerte, dass die Bundesregierung mit dem aktuellen NEKP ein mangelndes Verantwortungsbewusstsein beim Klimaschutz zeige und damit das EU-Klimaschutzinstrument sowie die EU-Klimaziele untergrabe. Der Verkehrssektor hinke den Zielen besonders stark hinterher und werde zwischen 2021 und 2030 etwa 48 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente mehr ausstoßen als geplant. Durch ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h innerorts ließen sich auf einen Schlag 11,1 Millionen Tonnen CO₂ jährlich einsparen – ohne zusätzliche Kosten. Auch der Abbau klimaschädlicher Subventionen und die Neuausrichtung fiskalischer Instrumente seien dringend erforderlich, um eine klimafreundlichere Mobilität zu fördern. Resch betonte, dass die DUH die Klimaschutzblockade im Verkehrssektor nicht tolerieren werde.
Sanierungsbedarf im Gebäudesektor
DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz kritisierte, dass der kürzlich aktualisierte NEKP bereits überholt sei. Die Weigerung der Bundesregierung, im Gebäudesektor entschlossen zu handeln, sei besonders offensichtlich. Sie forderte dringend zusätzliche Maßnahmen und eine umfassende Sanierungsoffensive, insbesondere für öffentliche Gebäude wie Schulen und Kindergärten. Im ersten Schritt müssten alle öffentlichen Gebäude überprüft werden, um die von der EU geforderte Sanierungsrate von drei Prozent schnellstmöglich zu erreichen. Auch die energetische Sanierung von Wohngebäuden stelle einen entscheidenden Hebel zur CO₂-Einsparung dar. Metz betonte, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie endlich Tempo machen und die seit Jahren andauernde Sanierungsflaute beenden müsse.
Notwendige Maßnahmen im Landnutzungssektor
DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner wies darauf hin, dass die Bundesregierung aufgrund einer früheren erfolgreichen Klage der DUH bereits zur Umsetzung wirksamer Maßnahmen im Landnutzungssektor verurteilt worden sei. Nun erwarte man konkrete Vorschläge wie ein modernes Bundeswaldgesetz, eine ökologische Ausrichtung der Landwirtschaft und zusätzliche finanzielle Mittel zur Renaturierung wichtiger Ökosysteme. Gesunde Wälder, Moore und Auen seien essenziell als natürliche Treibhausgassenken und spielten eine zentrale Rolle zur Erreichung der Klimaziele. Außerdem trage die Renaturierung von Flüssen und Auen zur Klimaanpassung und zum Hochwasserschutz bei. Die DUH forderte die Bundesregierung auf, ihrer Verantwortung für den Naturschutz endlich gerecht zu werden.
Hintergrundinformationen zum NEKP
Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) ist das zentrale Planungsinstrument zur Erfüllung der europäischen Klimaschutzvorgaben und wird von jedem EU-Mitgliedstaat erstellt und regelmäßig aktualisiert. Deutschland hatte den ersten NEKP im Juni 2020 veröffentlicht und diesen im August 2024 überarbeitet. Die EU-Kommission stellte jedoch bereits 2023 fest, dass der Entwurf den Anforderungen des EU-Rechts nicht genügte. In ihrer Klage führt die DUH aus, dass auch die finale Version nicht EU-rechtskonform sei.
Der NEKP zielt insbesondere auf die Einhaltung der EU-Lastenteilungsverordnung (ESR) und der EU-LULUCF-Verordnung ab und dient übergeordnet den Zielen des Europäischen Klimagesetzes und des Pariser Abkommens. Die Lastenteilungsverordnung sieht für die EU-Mitgliedstaaten zwischen 2021 und 2030 jährliche Vorgaben zur CO₂-Reduktion in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall und kleinen Industriebetrieben vor. Diese ESR-Sektoren seien für fast 60 Prozent der Gesamtemissionen der EU verantwortlich. Die LULUCF-Verordnung hingegen fokussiere auf den Einsatz von Wäldern, Mooren und anderen Ökosystemen als natürliche Kohlenstoffsenke.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 01.11.2024