Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat den deutschen Fahrplan zur Umsetzung des EU-Aktionsplans zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen im Rahmen des Umweltinformationsgesetzes eingesehen und analysiert. Das Ergebnis der Analyse zeigt: Deutschland lässt die Chance ungenutzt, die Fischerei nachhaltiger zu gestalten und den Schutz der Meeresschutzgebiete wirksam umzusetzen. Zwar gelten auf dem Papier bereits 45 Prozent der Nord- und Ostsee als geschützt, in der Praxis ist der Einsatz von Grundschleppnetzen jedoch weiterhin in den meisten dieser Gebiete erlaubt.
Kritik an mangelnder Umsetzung durch die Bundesregierung
Isabelle Maus, Meeresschutz-Expertin des BUND, erklärte, dass echte Meeresschutzgebiete sowohl der Artenvielfalt im Meer als auch der Fischerei zugutekämen. Der derzeit schlechte Zustand von Nord- und Ostsee schade letztlich auch der Fischerei selbst. Daher sei es im Interesse aller, dass sich die Fischpopulationen erholen können. Die Fischereibranche stelle sich jedoch massiv gegen die Umsetzung des Aktionsplans. Laut Maus habe die derzeitige Bundesregierung dem Druck der Krabbenfischerei im Küstenmeer nachgegeben, anstatt entschlossen und verbindlich für nachhaltige Fischereipraktiken einzutreten.
Fehlende Maßnahmen für den Ausschluss zerstörerischer Fischereimethoden
Die Analyse des BUND zeigt, dass sich Deutschland grundsätzlich zu den globalen und europäischen Naturschutzzielen bekennt. So sollen bis 2030 mindestens 30 Prozent der Meeresflächen – insbesondere der Meeresböden – geschützt werden, davon ein Drittel streng. Es fehlen jedoch konkrete Festlegungen zum vollständigen Ausschluss der Grundschleppnetzfischerei in deutschen Meeresschutzgebieten. Insbesondere für die deutschen Küstengewässer gebe es bislang keine nationalen Maßnahmen.
Handlungsbedarf bei zentralen Schutzgebieten
Maus kritisierte zudem, dass zentrale Schutzgebiete wie die Doggerbank oder das Wattenmeer derzeit ungeschützt blieben. Sie forderte die neue Bundesregierung zum Handeln auf. In Küstengewässern wie dem Wattenmeer könne Deutschland sofort eigene Maßnahmen ergreifen. Für die Doggerbank müssten umgehend neue Verhandlungen mit den Anrainerstaaten der Nordsee begonnen werden. Von der deutschen Delegation auf der Ozeankonferenz der Vereinten Nationen im Juni in Nizza erwarte man ein klares Bekenntnis zum Ausschluss der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten. Länder wie Griechenland und Schweden hätten dies bereits angekündigt.
Hintergrund: Umsetzung des EU-Aktionsplans
Die EU-Kommission hatte die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis Ende März 2024 einen Fahrplan zur nationalen Umsetzung des EU-Aktionsplans für nachhaltige Fischerei und den Schutz mariner Ökosysteme vorzulegen. Deutschland hatte diesen Plan bislang nicht veröffentlicht. Er sieht unter anderem vor, den Beifang von Jungtieren und gefährdeten Arten zu minimieren sowie zerstörerische Fangmethoden wie Grundschleppnetze in Meeresschutzgebieten zu verbieten.
Gemeinsame Analyse auf EU-Ebene
Gemeinsam mit den Organisationen Seas At Risk, Oceana und Client Earth hat der BUND die eingereichten Fahrpläne der EU-Mitgliedstaaten analysiert. Deutschland reichte seinen Plan zusammen mit acht weiteren Staaten ein – darunter Bulgarien, Zypern, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowenien und Spanien. Zwölf Küstenstaaten legten hingegen keinen Fahrplan vor. Eine umfassende Übersicht über die analysierten Pläne und ihre europäische Einordnung stellt die Pressemitteilung von Seas At Risk bereit.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND’s vom 20.03.2025