Osnabrück/Berlin – Aussortierte Schuhe werden häufig entweder verbrannt oder gelangen auf afrikanische Märkte bzw. Mülldeponien. Dies führe zu einer Verschwendung wertvoller Ressourcen und schade der Umwelt. Der Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie (HDS/L) in Berlin wolle dies ändern und habe bereits umsetzungsreife Strategien für eine umfassende Kreislaufwirtschaft in der Schuhbranche entwickelt. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstütze dieses Vorhaben mit einer Förderung von rund 170.000 Euro.
Kreislaufwirtschaft: Produkte möglichst lange nutzen und wiederverwerten
Um internationale Vereinbarungen wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung oder das Pariser Klimaabkommen von 2015 in die Praxis umzusetzen, spielten Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz eine zentrale Rolle. Deutschlands „Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie“ habe das Ziel, die Wegwerfmentalität zu beenden. Stattdessen solle sichergestellt werden, dass bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich genutzt, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden.
DBU-Generalsekretär Alexander Bonde erklärte, dass die aktuelle Produktions- und Konsumweise die Umwelt belaste und somit die eigene Lebensgrundlage gefährde. Besonders problematisch sei die sogenannte Fast Fashion, also die in immer kürzeren Intervallen produzierte, schnelllebige Mode zu Niedrigpreisen. Diese führe zu einem massiven Ressourcenverbrauch und verursache erhebliche Umweltbelastungen.
Umweltbelastung durch Müll und Schadstoffe
Die Handelsmenge allein in Deutschland sei beachtlich: Jährlich würden rund 360 Millionen Paar Schuhe verkauft, ein Großteil davon in stationären Geschäften. Neben der oftmals kurzen Nutzungsdauer komme hinzu, dass Konsumenten ihre aussortierten Schuhe meist im Restmüll oder in Altkleidercontainern entsorgten.
Lea Gummersbach, Projektkoordinatorin beim HDS/L, erläuterte die globalen Auswirkungen dieses Verhaltens: Ein bedeutender Teil der Schuhe werde thermisch verwertet, während ein anderer großer Anteil im Secondhand-Markt in Afrika lande. Obwohl Schuhe grundsätzlich mehrfach genutzt werden sollten, ende ihr Lebenszyklus häufig dennoch in Verbrennungsanlagen oder auf Deponien, insbesondere in Afrika. Dies sei problematisch, da Schadstoffe aus Klebern oder synthetischen Textilien freigesetzt würden, was die Umwelt belaste.
Laut Gummersbach gestalte sich das Recycling von Schuhen schwierig, da viele verschiedene Materialien miteinander verarbeitet seien. Ein einzelner Schuh könne bis zu 70 Komponenten enthalten, darunter Plastik, Gummi, Leder, Baumwolle und Metall. Diese seien oft untrennbar miteinander verbunden, was eine Wiederverwertung erheblich erschwere.
Schuh- und Lederwarenindustrie als Teil der Lösung
Bisher mangele es an unternehmensübergreifenden Kooperationen, um den Umweltschutz in der Branche zu stärken. Während die Textilindustrie bereits vor einigen Jahren begonnen habe, Strategien für eine umfassende Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) zu entwickeln, befinde sich die Schuhbranche noch in der Anfangsphase.
DBU-Expertin Dr. Melanie Kröger erklärte, dass die DBU-Förderung auf die Entwicklung eines Konzepts abzielen würde, das die gesamte Kette von der Produktion über die Rücknahme und Wiederverwertung bis hin zur Entsorgung von Schuhen umfasse. Einzelne innovative Ideen müssten marktfähig sowie wirtschaftlich und für die gesamte Branche umsetzbar sein. Abschließend sollten detaillierte Handlungsempfehlungen in einem schriftlichen Bericht festgehalten werden.
Da der Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie als zentrale Instanz mit seinen Mitgliedsunternehmen agiere, könne die Branche einen bedeutenden Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.
Entwicklung firmenübergreifender Strategien für eine Circular Economy
Nach Angaben des HDS/L wachse das Interesse der Unternehmen an Kreislaufthemen. Laut Gummersbach sei geplant, in Zusammenarbeit mit den Unternehmen umsetzungsreife Strategien für die Schuhbranche zu entwickeln. Diese könnten unter anderem eine Design-Guideline nach ökologischen Prinzipien, nutzerfreundliche Rücknahme- und Sammelsysteme, verbesserte Sortiertechniken sowie Möglichkeiten zur Reparatur und Wiederverwertung einzelner Komponenten umfassen.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der DBU vom 18.02.2025