Kritik am Koalitionsvertrag: Umwelt und Klima in Gefahr

Fabian

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Der am Vortag präsentierte Koalitionsvertrag bildet den politischen Rahmen für die künftige schwarz-rote Bundesregierung. Nach Einschätzung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) werden die kommenden vier Jahre entscheidend sein, um die Lebensgrundlagen zu sichern und Deutschland zukunftsfest zu machen. Aus Sicht des Verbands fehlen jedoch ausreichend umwelt- und sozialverträgliche Lösungen im Regierungsplan – teils würden sogar bereits erzielte Fortschritte gefährdet. BUND-Vorsitzender Olaf Bandt äußerte die Befürchtung, dass die schwarz-rote Koalition sich zu einer Hochrisikokonstellation für Klima- und Naturschutz entwickeln könne. Der Vertrag räume zentrale Errungenschaften in diesen Bereichen ab, ohne wirksame Alternativen zu benennen. Es sei nun entscheidend, dass die neue Regierung ihre Verpflichtungen ernst nehme und finanzielle Spielräume klug nutze.

Klimaziele gefährdet – Rückschritte bei der Energiewende

Zwar bekenne sich die Koalition zu den Klimazielen und dem Pariser Klimaabkommen, die konkreten Vereinbarungen im Bereich Klima- und Energiepolitik stellten jedoch aus Sicht des BUND einen Rückschritt dar. Besonders kritisch sei die geplante Verlagerung von Klimaschutzanstrengungen ins Ausland sowie der breite Einsatz von CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS) – sogar im Stromsektor. Dies führe laut BUND letztlich zu einem fossilen Stillstand, obwohl kostengünstige Alternativen vorhanden seien.

Bandt erklärte, Klimaschutz müsse als Teil einer umfassenden Modernisierung verstanden werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien sei das Rückgrat für Klimaschutz in allen Bereichen. Bürgerbeteiligung müsse gestärkt und Investitionen gezielt in Wärmewende und Verkehr statt in neue Gaskraftwerke oder CCS-Technologien gelenkt werden.

Er betonte außerdem, dass Investitionen aus dem Klima- und Transformationsfonds sowie dem Sondervermögen ausschließlich für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden müssten. Der Koalitionsvertrag sehe jedoch Kürzungen und eine Öffnung der Mittel für den allgemeinen Haushalt vor. Der BUND fordere daher die Einhaltung der ursprünglichen Zweckbindung der Mittel.

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Kein Kurswechsel in den Sektoren Verkehr und Gebäude

Die geplante Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes gefährde aus Sicht des BUND die gerade erst begonnene Wärmewende. Es fehle an klaren Angaben, wie und wann ein Ersatz geschaffen werde – das verunsichere sowohl Eigentümer als auch die Wirtschaft. Auch im Verkehrsbereich erkenne man keine entschlossene Neuausrichtung.

Bandt stellte fest, dass es zwar einige positive Impulse bei ÖPNV und dem Ausbau der Schieneninfrastruktur gebe, jedoch bleibe die Infrastrukturplanung insgesamt rückwärtsgewandt. Der Fokus liege weiterhin auf dem klima- und umweltschädlichen Ausbau von Autobahnen.

Ressourcenschutz: Versprechen mit Schwächen

Der BUND begrüßte grundsätzlich das Bekenntnis der Koalition zur Reduzierung des Primärrohstoffverbrauchs sowie zur Förderung von Abfallvermeidung, Rezyklaten und Shared Economy. Bandt betonte, Ressourcenschutz sei gleichbedeutend mit Lebensschutz. Er forderte die zügige und ambitionierte Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, die auch zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen könne.

Gleichzeitig kritisierte der Verband das Fehlen klarer rechtlicher Vorgaben für eine sektorspezifische Reduktion des Ressourcenverbrauchs. Skeptisch sehe man zudem die Pläne zum chemischen Recycling und Carbon Management, da sie keine echte Kreislaufwirtschaft ermöglichten.

Umweltverschmutzung bleibt weitgehend unbeachtet

Besorgniserregend sei, dass die Koalition dem Thema Umweltverschmutzung kaum Beachtung schenke. Zwar gebe es Ansätze zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung, andere zentrale Umweltprobleme – etwa mit Blick auf Böden, Luft und Gewässer – würden jedoch vernachlässigt.

Bandt hob hervor, dass Stoffe wie PFAS erhebliche gesundheitliche Risiken verursachten und hohe Folgekosten für Gesundheitswesen und Wasseraufbereitung nach sich zögen. Er forderte ein konsequentes Verursacherprinzip, demzufolge Umweltverschmutzer für die entstandenen Kosten haften müssten. In der Wasserstrategie finde sich dazu zumindest ein vages Bekenntnis.

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Bürokratieabbau darf nicht auf Kosten des Naturschutzes gehen

Eingriffe in die Natur müssten auch künftig angemessen ausgeglichen werden, erklärte der BUND. Ob ein geplantes Naturflächenbedarfsgesetz die fortschreitenden Naturverluste eindämmen könne, bleibe ungewiss. Kritisch bewerte man insbesondere Maßnahmen wie Genehmigungsfiktionen, vorzeitigen Maßnahmenbeginn und Einschränkungen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Bandt warnte davor, ökologische Standards zugunsten schneller Verfahren aufzugeben. Beschleunigung dürfe nicht auf Kosten von Qualität und Natur gehen. Der Schutz von Biodiversität dürfe keinesfalls dem Bürokratieabbau geopfert werden.

Natürliches Klimaaktionsprogramm fortführen

Der BUND begrüßte die Fortsetzung des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz (ANK), das er als unverzichtbar im Kampf gegen Artensterben und die sich verschärfende Klimakrise bezeichnete.

Bandt forderte die zügige Veröffentlichung ausstehender Förderrichtlinien für sämtliche Lebensräume. Eine unbürokratische Umsetzung der Maßnahmen sei notwendig – in enger Kooperation mit Naturschutz, Landbesitzenden und Bewirtschaftenden.

Auch Formate wie die Zukunftskommission Fischerei böten laut BUND Raum für sozial-ökologische Lösungen. Positiv sei, dass die neue Regierung die Empfehlungen dieser Kommission umsetzen wolle, was echten Schutz für Meeresschutzgebiete bedeute.

Das Grüne Band als Symbol für Natur und Geschichte

Für den BUND sei das Grüne Band ein zentrales Anliegen – sowohl als Verbindung zwischen Natur und Kultur, als auch als lebendiges Denkmal der deutschen Wiedervereinigung. Bandt äußerte große Freude darüber, dass die kommende Bundesregierung das Projekt weiterhin aktiv unterstützen wolle.

Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND’s vom 11.04.2025