Grünes Band: Forschungsprojekt liefert Daten für UNESCO-Nominierung

Fabian

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Gefördert vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) startet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine groß angelegte Erhebung zur Insektenvielfalt entlang des Grünen Bandes. Dieses Projekt soll nicht nur neue Erkenntnisse zur Artenvielfalt liefern, sondern auch die wissenschaftliche Grundlage für die Nominierung des Grünen Bandes als UNESCO-Weltnatur- und -kulturerbestätte schaffen.

Umfangreiche Insektenkartierung entlang des Grünen Bandes

Das Forschungsprojekt „Arterfassung am Grünen Band“ wird entlang der 1378 Kilometer langen Strecke des ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifens durchgeführt – von der Ostsee bis ins sächsisch-bayerische Vogtland. Dabei werden erstmals systematisch Insekten erfasst, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf flugfähigen Arten wie Schecken- und Dukatenfaltern sowie Wildbienen liegt. Ziel ist es, den Schutz und die Entwicklung der wertvollen Lebensräume durch wissenschaftlich fundierte Daten zu stärken.

Wissenschaftliche Basis für UNESCO-Nominierung

Laut Prof. Dr. Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BUND und Beauftragter für das Grüne Band, handle es sich um ein bisher einmaliges Vorhaben. Die fast 1400 Kilometer lange Arterfassung solle als wissenschaftliche Grundlage für den Nachweis des außergewöhnlichen Naturwertes des Grünen Bandes dienen – eine zentrale Voraussetzung für die Anerkennung als UNESCO-Welterbestätte. Er betonte, dass dafür auch der lückenlose Schutz als Nationales Naturmonument notwendig sei, wozu einige Bundesländer – insbesondere Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen – noch ihren Beitrag leisten müssten.

Bedeutung für den Klimaschutz und Artenrückzug

Sabine Riewenherm, Präsidentin des BfN, erklärte, dass das Grüne Band nicht nur von historischer, sondern auch von naturschutzfachlicher Relevanz sei. Das BfN setze sich seit über drei Jahrzehnten für die Erhaltung und Vernetzung dieses Gebiets ein. Es diene als Rückzugsort und Wanderkorridor für Arten, die infolge des Klimawandels kühlere Lebensräume benötigen. Sie hob hervor, dass das Projekt entscheidend zur Erforschung der Insektenvielfalt und zur Funktion des Grünen Bandes als Klimakorridor beitrage.

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Beitrag zur Umsetzung europäischer Naturschutzvorgaben

Verena Graichen, Bundesgeschäftsführerin des BUND, wies darauf hin, dass das Grüne Band ein Hotspot der Biodiversität sei und besser geschützt sowie erforscht werden müsse. Das neue Projekt liefere die dafür notwendigen Daten. Die Umsetzung der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur mache ein entschlossenes Vorgehen gegen den Artenverlust erforderlich. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Grundlage für gezielte Schutzmaßnahmen und Lebensraumentwicklung.

Ablauf der Freilanderhebungen

Ein zentrales Element des Projekts ist die Freilanderhebung, die von April bis August stattfindet. Sechs spezialisierte Expertenteams sammeln dabei monatlich an 100 festgelegten Standorten Insektenproben in ausgewählten Lebensräumen entlang des Grünen Bandes. Die gesammelten Proben werden anschließend im Labor genetisch analysiert, um umfassende Artenlisten zu erstellen und Rückschlüsse über die Bedeutung des Grünen Bandes als Lebensraum zu ziehen.

Rhön als symbolträchtiger Auftaktort

Die Auftaktveranstaltung des Projekts fand im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön statt – einer der besonders wertvollen Abschnitte des Grünen Bandes. Die Region beherbergt nicht nur eine weitgehend intakte Kulturlandschaft mit zahlreichen bedrohten Arten, sondern erinnert mit zeitgeschichtlichen Relikten auch an die deutsche Teilung. Der BUND betonte, dass neben der naturschutzfachlichen auch die kulturhistorische Bedeutung für die UNESCO-Nominierung von zentraler Bedeutung sei. Die Rhön leiste hierzu bereits einen erheblichen Beitrag.

Hintergrund: Ein Band der Vielfalt und Geschichte

Das Grüne Band Deutschland erstreckt sich über fast 1400 Kilometer und umfasst 177 Quadratkilometer Fläche entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Der einstige Grenzstreifen hat sich zu einem Rückzugsort für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Über tausend Arten der Roten Liste, darunter Wildbienen, das Braunkehlchen und die Wildkatze, sind hier nachgewiesen. Zudem leben im Gebiet elf endemische Arten wie die Rhön-Quellschnecke, die nur dort vorkommen.

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Das Grüne Band verbindet heute zahlreiche Schutzgebiete von nationaler und internationaler Bedeutung, darunter viele Natura-2000-Flächen. Über 80 % der Fläche stehen als Nationales Naturmonument unter Schutz. Damit ist es der längste durchgängig geschützte Biotopverbund Europas und ein bedeutender Ort der Biodiversität – insbesondere in intensiv genutzten Agrarlandschaften.

Vom Band zum Netz

Durch zahlreiche Quervernetzungen zu angrenzenden Biotopflächen ist um das Grüne Band ein zehn Kilometer breiter Schutzkorridor entstanden. Etwa ein Drittel dieser Fläche steht unter Schutz, wodurch sich das Grüne Band zu einem Netzwerk mit über 3150 Quadratkilometern Fläche erweitert – etwa dreieinhalb Mal so groß wie Berlin. Diese Struktur ist in Europa einzigartig.

Europäische Dimension des Grünen Bandes

Das Grüne Band Deutschland ist Teil des über 12.500 Kilometer langen Grünen Bandes Europa, das sich vom Eismeer bis zur Adria und zum Schwarzen Meer erstreckt. Es verknüpft Schutzgebiete entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs und symbolisiert die Verbindung von Naturschutz und Zeitgeschichte auf europäischer Ebene.

Auch das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Weiterentwicklung des Nominierungsprozesses als UNESCO-Welterbe wird durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Der BUND arbeitet in diesem Zusammenhang eng mit dem Deutschen Kulturrat zusammen.

Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND’s vom 27.05.2025