Die Situation des Naturschutzes ist alarmierend und die Bedrohung durch das Artensterben wird als noch gravierender als die Klimakrise eingestuft. Ohne funktionierende Ökosysteme ist die menschliche Existenz gefährdet, so warnen Experten. Erstmals weltweit hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nun eine Verfassungsbeschwerde gegen den Bundestag eingereicht, um ein umfassendes gesetzliches Konzept zum Schutz der Biodiversität zu erzwingen. Zusammen mit prominenten Unterstützern, wie dem Schauspieler Hannes Jaenicke und Naturschützer Christof Martin, fordert der BUND die sofortige Einführung eines Schutzkonzepts, das den Verlust der Artenvielfalt stoppt und die Wiederherstellung biologischer Vielfalt koordiniert.
Gefährliche Beschleunigung des Artensterbens
Das Artensterben und die Zerstörung der Natur schreiten laut BUND noch schneller voran als die Klimakrise. Die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen, die Bildung neuer Böden, Bestäubungsprozesse und der Wasserkreislauf seien unverzichtbar für das Überleben der Menschheit. Die Überschreitung planetarer Grenzen gefährde fundamentale Grundlagen der menschlichen Freiheit und somit auch das Recht auf Leben und Gesundheit.
Planetare Grenzen und die Bedrohung der Menschenrechte
Ein stärkerer Naturschutz ist für die Freiheit und Sicherheit der Menschheit unerlässlich. Zudem sei es ökonomisch erwiesen, dass der Biodiversitätsverlust langfristig deutlich höhere Kosten verursachen könnte als ein konsequenter Naturschutz. BUND-Vizevorsitzende Myriam Rapior betont, dass es beim Schutz der Biodiversität um die Grundlagen des menschlichen Lebens gehe. Sie kritisiert, dass die Natur in Deutschland unzureichend geschützt sei, obwohl Fachgremien der Regierung und des Bundestags seit Jahren auf den dringenden Handlungsbedarf hinwiesen. Der BUND wolle mit der Verfassungsbeschwerde ein Zeichen setzen, damit Biodiversität und Ökosysteme nachhaltig geschützt werden, was auch zukünftige Versorgung mit Nahrung, sauberem Wasser und frischer Luft sicherstellen solle.
Rechtliche Vertretung durch erfahrene Expert*innen
Wie schon bei den Klimaklagen in den Jahren 2018 und 2024 übernimmt die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte die juristische Vertretung der Verfassungsbeschwerde. Die Rechtsanwältinnen Dr. Franziska Heß und Lisa Hörtzsch arbeiten dabei mit Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig zusammen.
Forderung nach einem gesetzlich verankerten Naturschutzkonzept
Prof. Ekardt macht deutlich, dass der Biodiversitätsverlust die Grundlagen menschlicher Freiheit wie Leben, Gesundheit und Ernährungssicherheit gefährde. Er warnt, dass ein wirksamer Naturschutz so lange verschleppt werden könnte, bis er nur noch mit massiven Eingriffen in die persönliche Freiheit umsetzbar wäre. Um Freiheit und Demokratie langfristig zu bewahren, fordert er ein gesetzlich verankertes Schutzkonzept für die Natur.
Menschenrechtliche Auswirkungen des Biodiversitätsverlusts
Rechtsanwältin Heß erläutert, dass mit der Verfassungsbeschwerde erstmals dargelegt werde, wie der Biodiversitätsverlust konkret die Freiheit des einzelnen Menschen und deren Grundlagen beeinträchtige. Zudem verdeutlicht sie, dass laut einem bahnbrechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom April 2024 auch Umweltverbände berechtigt seien, solche Anliegen geltend zu machen.
Inspiration durch erfolgreiche Klima-Verfassungsbeschwerden
Als Vorbild dient die erfolgreiche Klima-Verfassungsbeschwerde, die der BUND 2018 gemeinsam mit dem Solarenergie-Förderverein vor das Bundesverfassungsgericht brachte, um ehrgeizigere Klimaschutzziele durchzusetzen. Der Klima-Beschluss von 2021 gilt bis heute als die weitreichendste Entscheidung eines obersten Gerichts zum Umweltschutz. Aufgrund weiterhin unzureichender Fortschritte im Klimaschutz hat der BUND im September gemeinsam mit anderen Verbänden eine weitere Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die aktuelle Biodiversitätsklage wird durch eine Großspende von Christof Martin sowie durch die Pelorus Jack Foundation und Protect the Planet unterstützt.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des BUND’s vom 23.10.2024