Ein Forschungsverbund unter der Leitung des Umweltbundesamtes (UBA), der Fraunhofer-Gesellschaft und zehn weiteren Partnerinstitutionen startet ein langfristig angelegtes Projekt zur Erfassung der biologischen Vielfalt in Deutschlands Böden. Ziel des Programms ist es, besser zu verstehen, welche Leistungen Bodenlebewesen für Mensch und Umwelt erbringen. Finanziert wird das Vorhaben im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).
Böden – Grundlage unseres Lebens
Bundesumweltminister Carsten Schneider erklärte, dass die hohe Artenvielfalt Böden zu einer existenziellen Lebensgrundlage mache. Gesunde und lebendige Böden seien wahre Allrounder: Sie sichern nicht nur die Nahrungsversorgung, sondern speichern Wasser – selbst unter Extrembedingungen wie Dürre oder Überschwemmung – und leisten durch die Bindung von Kohlenstoff einen Beitrag zum Klimaschutz.
Bedeutung der Bodenorganismen
UBA-Präsident Dirk Messner betonte, dass Bodenorganismen wesentlich zur Minderung der Klimawandelfolgen und zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit beitragen. Diese Leistungen seien unbezahlbar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass etwa 90 Prozent unserer Nahrungsmittel auf Böden wachsen. Umso bedenklicher sei es, dass Schadstoffe, Übernutzung, Trockenheit und Erosion der Bodenbiodiversität erheblich schadeten und zum Verlust von Boden führten.
Unsichtbare Vielfalt mit zentraler Funktion
Die Lebenswelt unter unseren Füßen blieb bisher weitgehend unbeachtet – dabei ist sie essenziell für das Funktionieren unserer Ökosysteme. Ein gesunder Boden beherbergt aktive Mikroorganismen und Bodentiere, die Kohlenstoff speichern, Nährstoffkreisläufe regulieren und Wasser zurückhalten. Zu diesen „Ökosystemingenieuren“ zählen etwa Regenwürmer, aber auch oberirdisch bekannte Insekten wie Wildbienen, die im Boden nisten, sind auf intakte Böden angewiesen.
Ziel: Zustand und Veränderungen systematisch erfassen
Zahlreiche Belastungen wie intensive Nutzung und Klimawandel gefährden die Bodenbiodiversität. Um diesen Herausforderungen fundiert begegnen zu können, wird im Rahmen des Projekts BioDive4Soil die Zusammensetzung typischer Lebensgemeinschaften in deutschen Böden erforscht. Ziel ist es, Kriterien für einen „guten biologischen Bodenzustand“ zu entwickeln und Abweichungen mit potenziellen negativen Folgen frühzeitig zu erkennen. Neben der Erfassung verschiedener Organismengruppen wie Regenwürmern, Springschwänzen, Milben, Nematoden, Pilzen und Bakterien werden auch Einflussfaktoren analysiert – ein Wissen, das bislang, anders als etwa bei Gewässerökosystemen, weitgehend fehlt.
Interdisziplinäre Forschung mit modernster Technik
Prof. Christoph Schäfers vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie erklärte, die gemeinsame Projektarbeit sei eine einmalige Gelegenheit, um systematisch und umfassend die Bodenbiodiversität zu erfassen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dabei helfen, Schutzmaßnahmen gezielter zu gestalten und die vielfältigen Leistungen des Bodens für den Menschen zu sichern.
Zusammenarbeit und wissenschaftliche Herausforderungen
In den kommenden sechs Jahren werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland die Biodiversität in Böden unterschiedlicher Nutzungstypen untersuchen. Aufgrund der extrem hohen Artenvielfalt – ein Gramm Boden kann Billionen Bakterien und tausende weitere Organismen enthalten – ist die Erfassung eine besondere Herausforderung. Zum Einsatz kommen daher auch neueste molekularbiologische Methoden. Das Projektteam arbeitet eng mit weiteren Forschungseinrichtungen zusammen, darunter das Bundesamt für Naturschutz, das Nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität, das Thünen-Institut, das Julius-Kühn-Institut sowie das Nationale Bodenmonitoringzentrum.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Umweltbundesamtes vom 16.06.2025